N.K.Roerich, 1931, Naggar, India.

Rerich (Roerich), Nikolaj (Nicholas) Konstantinovic, Lyriker, Essayist, Maler, 9.10.(27.9.)1874 St.Petersburg - 13.12.1947 Nagar, Kulu-Tal, Pandschab, Indien. Roerich studierte 1893-97 an der St.Petersburger Akademie der Künste, gleichzeitig an der Universität, wo er 1898 die Juristische Fakultät abschloss. Zur Erweiterung seiner Kenntnisse als Maler ging er 1900-01 nach Paris. Ab 1901 übernahm Roerich organisatorische Aufgaben im Bereich der Kunst, war u.a. 1906-18 Direktor an einer Kunstschule, ab 1909 ordentlicher Mitglied der Akademie der Künste, 1910-18 Vorsitzender der dem Symbolismus nahen Vereinigung "Die Welt der Kunst" (Mir iskusstva). 1910-14 arbeitete Roerich auch als Buhnenbildner (u.a. für Werke I.Stravinskijs und S.Djagilevs) und schuf Pläne für die Ausmalung und Mosaikgestaltung von Kirchen. Im Mai 1918 reiste Roerich, dessen geistige Haltung im Widerspruch zum atheistischen Sozialismus stand, nach Finnland aus, im Herbst 1920 nach London. Dort begegnete er Rabindranath Tagore und blieb bis 1939 kurz vor dessen Tod, mit ihm in Kontakt.

1920-23 arbeitete Roerich in den USA, wo 1923 ein eigenes Roerich-Museum in New York (1991: 319 W, 107th St.) für seine Bilder eingerichtet wurde. 1923 folgte Roerich Tagores Einladung nach Indien, nahm im Kulu-Tal 1928 ständigen Wohnsitz. 1925-28 und 1934-35 unternahm Roerich 2 Expeditionen durch Asien, 1926 auch einen Besuch in Moskau. Wichtigen literarischen Niederschlag fand Roerichs Indienerfahrung in dem Buch "Shambhala" 1930 (d.1988). Roerich setzte sich auch aktiv für die Bewahrung der Kulturguter in der Welt ein, seine Losung "Frieden durch Kultur" lag dem Roerich-Pakt, der unter Präsident Roosevelt 1935 unterzeichnet wurde, zugrunde. In Deutschland gab es 1930 eine Roerich-Gesellschaft, eine neue entstand 1980, sie hat seit 1987 ihren Sitz im Roerich-Haus in Pfronstetten und arbeitet zusammen mit dem Nicholas Roerich-Museum NY. Roerich war auch literarisch tätig, aus der Zeit von 1909-21 stammen Gedichte, die er zum Teil unter dem Titel "Cvety Morii" (Moryas Blumen) 1921 veröffentlichte. Der Name des indischen Mahatma Morya im Titel weist die geistige Grundhaltung aus.

Mit seiner Frau Elena wählte er ihn erneut für das Buch religiös-ethischen Aussagen, das er in Paris anonym erscheinen ließ: "Listy sada Morya" 1924 (Blätter aus Moryas Garten. d. II 1966, 1977-81). Ihm folgten 12 weitere solche sämtlich doppelt ins Deutsche übersetzte Bücher wie "Bespredelnost 1930" (Unbegrenztheit, d. II 1974-75 u 1983), "Serdce 1932" (Herz, d.1979 und 1981), "Bratstvo 1937" (Bruderschaft, d.1980 und 1982), die als Zivaja etika (Lebendige Ethik), später auch Agni Yoga 1924-36 zusammengefasst wurden. Sie wurden von seiner Frau Elena Ivanovna Rerich (geboren Saposnikova, 1879-1955), die ihm "Freundin, Begleiterin und Inspiratorin" war, nach Übermittlung durch eine geistige Wesenheit von höchster Autorität in Verwirklichung des gemeinsam erkannten Auftrags aufgezeichnet.

Erst unter dem Zeichen der Perestrojka konnte man dem literarisch-ethischen Werk Roerichs in der SU öffentlich größere Aufmerksamkeit widmen. Das künstlerische Schaffen Roerichs wird auf 7.000 Gemälde und 10 Bände an Gedichten, religiös-ethischen Aussagen, Essays, Kurzromanen (Povesti), Erzählungen, Märchen und Publizistik geschätzt. Weniges ist gesammelt. 1987 wurde vom SV UdSSR eine Kommission für den literarischen Nachlass gebildet. Mit "Cvety Morii" begann 1988 eine Neuauflage seiner geistigen Werke, darunter "Zivaja etika". Im Mai 1990 wurde der Nachlass der Roerichs aus Indien einem neuen Roerich-Fond und Museum in Moskau übergeben. Roerichs Schaffen ist religiös-geistig in einem umfassenden Sinne. Es verbinden sich buddhistisch-asiatische Elemente mit Christlich-Byzantinischem und Vorchristlichem aus slawischen und skandinavischen Bereich.

Seine in 3 Zyklen gegliederten Gedichte, die in der Verserzählung "Nastavlenie lovcu, vchodjachemu v les", geschrieben 1921 (Hinweis für den Jäger, der den Wald betritt), gipfeln, erfassen in allegorischen Erzählungen und liebend belehrenden Hinweisen Wege zur geistigen Vervollkommnung des Menschen. Sie strahlen ein tiefes Wissen um die göttlichen Herkunft des Menschen aus, stärken den Drang nach Erkenntnis und vermitteln angstfrei Lebenssicherheit.

Die Beseeltheit der Natur ist für Roerich ebenso Selbstverständlichkeit wie die verschiedenen Stufen des Wissens um die Geheimnisse und Wunder geistigen Wirkens in der materiellen Welt. Roerich schreibt im vers libre, ohne Metrum, bildreich und inspiriert. Die Bücher "Zivaja etika" greifen auf Urweisheiten zurück. Das menschliche Dasein wird auf seinem Weg zur Vervollkommnung von einem kosmischen Standpunkt aus geschaut - in seiner Mehrschichtigkeit und in seiner hierarchischen Weiterentwicklung durch die Reinkarnationen. Zivaja etika ist ein Aufruf zur Disziplin des Geistes und zum ständigen tätigen Dienst an Schönheit, Einfachheit und Angstfreiheit, eine Hilfe zum Glauben an die Herrschaft des Geistigen über das Materielle.

In "Shambhala" lässt Roerich durch ausgewählte Legenden, Parabeln und autobiographischen Texte das Wesentliche des tibetischen Reichs geistiger Vollkommenheit und Ausgewogenheit erfassbar werden.

 

Nachdruck vom 

Lexikon der russischen Literatur 


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